Ein Gastbeitrag von Jana Pakur (Weitere Gastbeiträge finden Sie hier)
2017 wurden in Deutschland wurden 2017 aus drei Pflegestufen fünf Pflegegrade.
Als erstes möchte ich Ihnen erläutern, was Pflegegrade sind und welcher Pflegegrad wann greift.
Die Einstufung in Pflegegrade soll Personen helfen, die in ihrem alltäglichen Leben Unterstützung benötigen. Ein Pflegegrad gewährt Leistungen aus der Pflegekasse. Hierzu ist es notwendig einen Antrag bei der Pflegekasse zu stellen.
In der heutigen Zeit ist es bei einigen Pflegekassen möglich, diesen Antrag online zu stellen oder sich einfach den Antrag zu schicken zu lassen.
Nun möchte ich kurz auf die fünf Pflegegrade eingehen:
Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung
Ich, Jana Pakur habe während meiner 35jährigen Arbeit als Krankenschwester, 18 Jahre lang täglich Menschen dazu beraten, welche Unterstützung ihnen zusteht, wo sie diese Hilfen bekommen und ihnen geholfen Anträge zu stellen.
Dabei ist mir aufgefallen, dass häufig bei Menschen, die Hilfe benötigen eine Hemmschwelle besteht, diese in Anspruch zu nehmen. Dies geschieht, so ist mein Eindruck, aus falschen Scham und Angst etwas zu bekomme, was einem nicht zusteht. Genau aus diesem Grund möchte ich Sie ermunterndass Sie sich entsprechende Hilfen holen und sich informieren.
Es gibt mittlerweile sogenannte Pflegestützpunkte, die auch in der Presse hin und wieder auf sich aufmerksam machen. Genau solche Institutionen geben Tipps und sind behilflich bei Anträgen. Aber auch Sozialstationen, dem SoVD bzw. Vdk, häufig in ländlichen Gebieten verbreitet, bieten Beratugen an und/oder helfen Anträge zu stellen.
Was zu beachten ist, das es nicht nur um pflegerische Hilfen geht. Bei den Demenziellerkrankten (Alzheimer, senile Demenz etc.) geht auch oft um eine 24h Betreuung und spezielle Begleitung im alltäglichen Leben. Genau aus diesem Grund wurden 2017 die drei Pflegestufen in fünf Pflegegrade umgewandelt.
Wenn man dann einen Antrag auf Einstufung gestellt hat, erhalten Sie einen Termin zur Begutachtung bei Ihnen zu Hause, durch den MDK ( bei gesetzlich Versicherten) oder dem MEDICPROOF (bei privat Versicherten). Keine Angst: Gutachter sind auch nur Menschen, die aber überprüfen müssen, wie weit eingeschränkt die erkrankte Person ist und wo genau man Hilfe benötigt. Der Gutachter kann aber auch nützliche Tipps geben und beantwortet auch Fragen zum Beispiel zu Pflegehilfsmittel und den einzelnen Pflegegraden.
Bei der Begutachtung ist man nicht nur mit den Gutachter allein, Familienangehörige, Bekannte oder auch Pflegerinnen können dabei sein. Man sollte aber nur Personen bei der Begutachtung dabei haben, die auch mit der Situation des zu Pflegenden vertraut sind oder sogar bereits Hilfen und/oder pflegerische Leistungen durchführen.
Nach meiner Erfahrung erhält man nach ca. 5 Wochen dann den Bescheid über Anerkennung oder Ablehnung des Pflegegrades. Sollte der Antrag abgelehnt werden, kann man innerhalb von 4 Wochen Widerspruch einlegen. Hilfen bekommt man auch in diesem Fall von denbereits oben genannten Einrichtungen/ Institutionen.
Ich hoffe, ich konnte hier kurz darstellen, was ein Pflegegrad ist und wo man Hilfen erhält.
Und denken Sie bitte daran: „Nur wer Hilfe annimmt, kann auch Hilfe bekommen“
Jana Pakur
Ein Gastbeitrag von Jana Pakur (Weitere Gastbeiträge finden Sie hier)
Fakten:
Eine weitere Frage, die wir uns stellen: Wie definieren wir eigentlich Lebensqualität?
Laut der WHO von 1993 „...ist die subjektive Wahrnehmung einer Person über ihre Stellung im Leben in der Relation zur Kultur und dem Wertsystemen in denen sie lebt und in Bezug auf ihre Ziele, Erwartungen, Standards und Anliegen.“
Bedeutet dies, dass Menschen mit Demenz, Menschen außer „Norm“ sind?
Die Wahrnehmung der eigenen Lebensqualität ist subjektiv.
Für nicht Demenzerkrankte stehen materieller Wohlstand, soziale Kontakte, die eigene Stellung in der Gesellschaft und Gesundheit im Vordergrund. Demenzerkrankte hingegen verlieren viele Fähigkeiten, haben kognitive Beeinträchtigungen, wie: Vergesslichkeit, Unruhe und Verlust der Orientierung.
Je mehr Fähigkeiten verloren gehen, desto mehr sind Hilfen von Angehörigen, Pflege- und Betreuungskräften notwendig. Es gibt Lebensqualität bei Demenz, dafür muss sich aber in unserer Gesellschaft etwas tun.
Das heißt: Aufklärung über diese Erkrankung, raus aus der Tabu Zone, Schulungen anbieten für Angehörige und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Und auch in der Öffentlichkeit ein verständnisvoller Umgang (in Ämtern, Krankenhäusern, Supermärkten etc.).
Lebensqualität bei Demenzerkrankte ist auch damit zu erreichen, dass man sich mit der Biographie der Person auseinandersetzt, die Lebensumstände berücksichtigt und Bedürfnisse erkennt.
Mit anderen Worten; Es müssen in den nächsten Jahren Angebote geschaffen werden um dem gerecht zu werden.
2018 wurde von seitens der Bundesregierung, durch die Bundesseniorenministerin Franziska Giffey und dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn der Startschuss gegeben, um Strategien im Umgang mit Demenzerkrankten zu erarbeiten.
„Allianz für Menschen mit Demenz“ (hier geht es zur Internetseite der Bundesregierung)
Jede und Jeder einzelne kann etwas bewirken, dass unser miteinander verständnisvoller wird.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesem Beitrag einen kleinen Anstoß geben, um für sich selber zu erkennen, was ist für mich Lebensqualität? Was wird im Alter meine Lebensqualität sein?
Jana Pakur
„Invisible children“ – unsichtbare Kinder, so werden Kinder genannt, die ihre Eltern oder Großeltern pflegen zuhause pflegen und unter 17 Jahre alt sind.
In einem Beitrag des Deutschlandfunks zu diesem Thema berichtet Wissenschaftlerin Sabine Metzing (Professorin an der Universität Witten-Herdecke), dass ca. 230.000 Kinder tagtäglich, in den eigenen vier Wänden pflegen. Die Dunkelziffer dürfte bedeutend höher liegen.
Sie pflegen im „Stillen“, soweit wie möglich unauffällig. Die Gründe hierfür liegen darin, dass die Angst vor einer Einmischung von außen zu Problemen führen könnte. Die Pflegewissenschaftlerin Metzing hierzu: „...fürchten Interventionen, etwa durch das Jugendamt“
Durch Politik und unsere Gesellschaft werden diese Kinder „übersehen“, gerade weil sie im „verborgenen“ pflegen.
Wissenschaftlerin Metzing stellte fest, das oft ein sogenanntes Schweigeverbot in den Familien existiert, sei dies nun ausgesprochen oder nicht. Die Angst der Kinder ihre Eltern zu verlieren, dass man die Familie auseinanderreist ist sehr groß.
Metzing im Beitrag der Deutschlandfunks: „Je stärker Kinder und Jugendliche eingebunden sind und je höher der Unterstützungsbedarf dann auch der Familien ist, desto unsichtbarer werden sie für uns.“
Im Jahr 2016 wurde durch Julika Stich (selbst unsichtbares Kind gewesen), die Initiative „Young Helping Hands“ gegründet.
Mit ihrer Initiative versucht sie pflegende Kinder anzusprechen, ihnen eine „Stimme“ zu geben in der Öffentlichkeit. Es kostet viel Einfühlungsvermögen und Zeit diese Kinder zu erreichen.) Auf dieser Homepage kann man einen Bericht über ihre Arbeit lesen.
Es gibt auch in Niedersachsen eine Institution, die genau solchen Kindern Hilfen anbietet mit Gesprächen, gemeinsamer Freizeitgestaltung und Unterstützung bei pflegerischen Belangen. Die Initiative nennt sich „Pausentaste“, Hier geht es zu der Homepage www.pausentaste.de.
„Nummer gegen Kummer e.V.“ ist ein kostenfreies, telefonisches Angebot für Kinder und Jugendliche. Von Montag bis Samstag sind die Beraterinnen und Berater von 14 bis 20 Uhr unter der Nummer 116 111 zu erreichen.
Auf dieses Thema bin ich gestoßen, da ich (Jana Pakur) selbst seit 2014 erkrankt bin und meine heute 17-jährige Tochter immer wieder genau mit diesem Thema konfrontiert wurde und wird. Sie musste schon mit ihren damals zehn Jahren Aufgaben übernehmen und mir bei verschiedenen Dingen im Alltag helfen. Auch meine Tochter schwieg bei anderen Menschen und wurde für viele „unsichtbar“. Wir haben dann aber gemeinsame Wege gefunden damit umzugehen. Heute mit ihren 17 Jahren kann sie darüber reden und auch sie hat erkannt, dass es gut tut, sich einfach mal „Luft“ zu machen. Es war ein langer und steiniger Weg, aber wir haben beide in dieser Zeit viel gelernt und nicht nur voneinander.
Es würde mich freuen, wenn Menschen diesen Beitrag lesen und eventuell Dinge für sich herauszuziehen oder einfach mal genauer hinzuschauen. Wenn z. Bsp. ein Schulkamerad ihres Kindes sich nie mit Anderen verabredet, sich von den Anderen distanziert und als „sonderbar“ gilt. Nur wenn Menschen nicht wegschauen, sondern nachfragen, können solche „Unsichtbaren Kinder“ sichtbar gemacht werden.
Diese Kinder leisten unvorstellbares!
Jana Pakur
Ein Gastbeitrag von Jana Pakur. (Weitere Gastbeiträge finden Sie u. a. in dieser Ruprik)
„Angehörige haben kaum Möglichkeiten der Entlastung“
Seit Januar 2020 scheint nichts mehr wie es war.
Jeden von uns traf diese Pandemie auf die ein oder andere Art und Weise.
Laut des statistischen Bundesamtes werden in Deutschland aktuell 2,6 Millionen Menschen zu Hause gepflegt. Davon tragen bei 1,76 Millionen Menschen allein die Angehörigen die Verantwortung für die Pflege.
Was der Ausfall von verschiedenen Diensten und Tagespflegen etc. für die pflegenden Angehörigen bedeutet, ist kaum für Außenstehende sichtbar.
Durch meine Recherchen zu verschiedenen Themen über Pflege ringsherum, bin ich bei Facebook auf die Gruppe pflegender Angehöriger, gestoßen. Eine Mutter von zwei behinderten Pflegekindern, gab mir einen kleinen Einblick, wie es momentan und seit der Pandemie abläuft bei ihnen.
„Wir haben noch zwei behinderte Pflegekinder, die fast nur zu Hause gewesen sind. Die Ämter haben überhaupt nicht geholfen und sich sogar noch auf die Schulpflicht berufen. Das finde ich schlimm!!!!“, erzählt die Mutter. Und weiter „die Behörden wissen genau, dass mein Großer eine Infektion mit Corona nicht überleben würde.“ Im Verlaufe unseres Gespräches empfand ich Hilflosigkeit und tiefen Respekt für die Familie. Die Mutter berichtete mir weiter „der kleine braucht sogar 24/7 eine 1:1 Betreuung. Im Moment nehmen wir die Kindkrank-Tage von meinen Mann. Letztes Jahr haben wir fünf Wochen über das Infektionsschutzgesetz nehmen können. DAS sind natürlich nur sehr kleine Lücken!!!! Die meiste Zeit muss ich es dann alleine wuppen und das ist eine Aufgabe.....“ Zum Ende äußerte sich die Mutter resigniert: „ Ja, was Vater Staat da jeden Monat spart ... und dann so im Stich gelassen zu werden.“
Es ist ein Beispiel von vielen hunderten Familien, denen es genau so oder ähnlich geht. Viele, zu viele, gehen damit nicht an die Öffentlichkeit, machen einfach und versuchen alles,um sich liebevoll um ihre Pflegepersonen zu kümmern.
Täglich liest man in der Presse etwas von Schulen, Kitas , Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern, Wirtschaft etc. , wie all diese von der Pandemie betroffen sind und das die Politik noch mehr tätig werden muss. Aber wo bleiben die 2,6 Millionen Menschen(!!!) zu Hause?
Ein Bericht vom www.mdr./de Fernsehen Sachsen Anhalt vom 03.02.2021 besagt „Corona Impfstrategie erreicht pflegende Angehörige nicht: fehlende Anerkennung.... Das Pflegende Angehörige nicht denselben Schutz erhalten, wie die Beschäftigen der Pflegedienste, ist ein falsches Signal, denn relevant für das Pflegesystem sind Pflegende Angehörige nicht minder. Eine Anerkennung für das soziale Engagement ist dies jedenfalls nicht.“
Zusammenfassend sieht man wie groß die Not der Pflegenden Angehörigen und der zu Pflegenden sind. Sei es finanzieller Art oder fehlende Betreuungsangebote.
Ich möchte mit diesem Beitrag Pflegenden Angehörigen meine Anerkennung zeigen. Das was sie seit über einem Jahr leisten, hinter verschlossenen Haustüren, kann man nur erahnen. Vielleicht sollte jeder von uns, wenn er wissentlich, pflegende Angehörige in seiner Nachbarschaft hat, einfach mal zu fragen, ob und wie man eventuell mit kleinen Dingen helfen kann.
Jana Pakur